Von linken und liberalen Kreisen wird die Burka gerne als Symbol weiblicher «Ermächtigung» verklärt. Dabei symbolisiert sie den Machtanspruch einer totalitären Ideologie.
In Gesellschaften, die der Frau die Verhüllung des Gesichts aufzwingen, herrscht eine Kultur vor, die darauf abzielt, die Frau aus der Gesellschaft auszugrenzen. Durch den Schleier wird sie in die totale Anonymität versenkt; mehr noch, sie wird neutralisiert. Ihr Körper, ihr Aussehen, ihr Schatten, das Geräusch ihrer Schritte – alles wird zu einer Sünde, die verboten werden muss.
«Eine Frau verlässt das Haus nur zweimal», lautet ein bekanntes Sprichwort der Salafisten, der Väter der Burka. «Einmal, um von ihrem Vater zu ihrem Ehemann zu ziehen, und einmal, um ins Grab getragen zu werden.» Folglich entspricht die Akzeptanz der Burka der Akzeptanz der symbolischen Beerdigung der Frau.
Kriminalisierung des weiblichen Körpers
Der Körper der Frau ist in diesem Sinne etwas Kriminelles. Etwas, was den öffentlichen Raum nicht betreten soll, ausser wenn es mit einer Gefängniszelle aus Stoff bedeckt ist. Die Frau soll durch den Schleier wegretuschiert werden, sichtbar bleiben darf bloss ihr Phantom. Die algerische Soziologieprofessorin Marnia Lazreg formulierte treffend: «Die Verschleierung des Körpers ist sowohl eine Form der Bestrafung als auch eine Entschuldigung dafür, als Frau geboren worden zu sein.»
Die Burka, präziser: der Nikab, schliesst die Frau vom Tanzen aus, vom Lachen, von der Sonne, sie beraubt sie ihrer Existenz. Daher ist der Aufruf, die Burka zu verbieten, ein Aufruf, die Verachtung der Würde der Frau nicht zu akzeptieren. Es ist eine Negation der Negation, ein Aufruf, das Verbot der Frau zu verbieten.
Die Burka zu akzeptieren, heisst hingegen, die Degradierung der Frau und die Kriminalisierung des weiblichen Körpers zu dulden, Sexismus zu normalisieren. Es bedeutet, die Entfeminisierung und die Maskulinisierung des öffentlichen Raums gutzuheissen.
Immer wieder wird in der Debatte um die Burka die Freiheit des Individuums in die Waagschale geworfen, die Freiheit der Frau, selbst darüber zu entscheiden, ob sie die Burka tragen will oder nicht. «Freiheit», so schreibt derzeit etwa die linke Kampagnenorganisation Operation Libero in rührender (oder: zynischer?) Naivität, ist «für alle etwas anderes». Dabei wird übersehen, dass es im islamischen Kontext sinnlos ist, bei der Wahl der «Burka» von persönlicher Freiheit zu sprechen, da dieser Freiheitsanspruch den gesellschaftspolitischen Kontext von «Freiheit» berücksichtigen muss. weiter
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