von Ulrich W. Sahm, Jerusalem, 16. September 2020
Da der Aufenthalt in Restaurants oder Pubs verboten war, bleib den Israelis keine Wahl, als die historische Zeremonie vor dem Fernseher zuhause zu verfolgen. Stundenlang standen die amerikanischen Marines unbewegt stramm vor dem Weißen Haus mit einer Flagge im rechten Arm. Schließlich tauchten Trump, Netanjahu und die Außenminister der Emirate auf für die Zeremonie der Vertragsunterzeichnung.
Der israelische Premier war alleine erschienen. Kein einziger Minister hatte ihn begleitet und außer Netanjahu kannte niemand den Text des Abkommens. Der soll erst in der kommenden Woche dem Kabinett und dem Parlament zwecks Abstimmung vorgestellt werden. Es werden zwar keine Geheimparagrafen erwartet, aber es gab in Israel durchaus Diskussionen, weil allein der umstrittene Regierungschef voll informiert war.
Kaum hatte die Zeremonie in Washington auf dem Rasen vor dem Weißen Haus begonnen, wurde der Bildschirm am Fernseher geteilt. Rechts ging es weiter mit der Zeremonie, während links der Nachthimmel über dem Süden Israels eingeblendet wurde. Denn just in der Sekunde, als Trump seine Gäste zur Unterzeichnung einlud, schoss die Hamas-Organisation Gazastreifen zwei Raketen auf Israel ab.
Eine Rakete auf die südisraelische Küstenstadt Aschkelon konnte von dem Abwehrsystem Eisenkappe abgeschossen werden. Am Himmel war ein großes Feuerwerk zu sehen, wie die Raketentrümmer in alle Richtungen zerstoben. Eine zweite Rakete schlug auf dem Parkplatz vor einem Einkaufszentrum in der Hafenstadt Aschdod ein. 8 Menschen wurden mit Verletzungen in das Krankenhaus eingeliefert, darunter eine schwangere Frau. Sämtliche Schaufenster des Einkaufzentrums waren zertrümmert und mehrere Autos erlitten einen Totalschaden. Bei vielen anderen Autos waren die Fensterscheiben zersplittert. Es war die Rede von „erheblichem Sachschaden“, aber wie durch ein Wunder nur relativ wenigen Verletzten.
Für die Palästinenser, in Gaza wie bei der Autonomiebehörde in Ramallah, gilt der „Friedensvertrag“ zwischen Israel und den Emiraten als „Verrat“, weil erstmals die Palästinenser außen vor gelassen worden waren. Bisher hatte die strikte Ablehnungspolitik der Palästinenser und der totale Boykott Israels die 64 arabischen Staaten zusammengekittet. Plötzlich war dieser selbstverständliche Zusammenhalt gerissen, und niemand weiß im Moment, ob andere arabische Staaten dem Schritt der Emirate folgen werden. Schon ist die Rede von direkten Flügen nach Marokko, sowie die Aufnahme von Geschäftsbeziehungen Israels mit Tunesien. Sogar Irak zeige „Interesse“ an dieser Entwicklung, vor allem wegen finanziellen Erwägungen.
Prominenten Widerstand leisten vor allem die Europäer mit ihrer Mantra der „Zweistaatenlösung“. Die hat freilich seit Jahrzehnten jeglichen Fortschritt in Richtung Frieden blockiert, weil sich die Palästinenser weigern, Israel als „jüdischen Staat“ anzuerkennen. In europäischen Medien war sogar von einer „Kapitulation“ vor der amerikanischen Politik die Rede, als wäre Frieden ein Kriegsakt. Dabei ist unklar, ob die Europäer dem derzeitigen Präsidenten den Erfolg nicht gönnen, oder ob sie tatsächlich blindlings die palästinensische Vernichtungspolitik gegenüber Israel blindlings gepachtet haben. Die Hamas und die PLO in Ramallah verpassen keine Gelegenheit zu erklären, dass es Frieden in Nahost erst geben könne, sowie ganz „Palästina“ von Juden befreit sei.
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