In der Nahost-Debatte des Sicherheitsrates zeigt sich zunächst wieder einmal die ritualisierte Ohnmacht des Gremiums. Doch dann ergreift UN-Botschafter Heusgen das Wort – und entfacht eine Diskussion.
Von Georg Schwarte, ARD-Studio New York
Krieg. Das Wort macht im Sicherheitsrat wieder die Runde. Krieg um Gaza. Der Nahost-Sonderbeauftragte Nikolai Mladenoff sitzt im Sicherheitsrat, schaut in die Runde und sagt, die letzten 48 Stunden hätten gezeigt, wie wahnsinnig nah man am Rande des Kriegs stehe.
Eine Rakete der Hamas hatte gereicht. Und dem deutschen UN-Botschafter Christoph Heusgen reicht es auch.
„Diese Berichte des Sondergesandten gehören zu den deprimierendsten Übungen des Sicherheitsrates“, sagt Heusgen. 14 Redner lasen vor ihm ihre schriftliche Reden ab – die ritualisierte Ohnmacht des Sicherheitsrates. Heusgen aber redet frei und unverblümt obendrein: „Warum legen Sie nicht ihre vorgeschriebenen Reden zur Seite und sagen mir, wie Sie gedenken, die bestehende Resolution umzusetzen?“
Verstoß gegen internationales Recht
Der deutsche Botschafter geht noch weiter. Nachdem der US-Vertreter in seiner abgelesenen Rede die Anerkennung der Golanhöhen als israelisches Territorium verteidigt – ein klarer Verstoß gegen internationales Recht -, attackiert Heusgen die USA.
„Unser amerikanischer Kollege hat uns gerade gesagt, sie werden jetzt auch noch gegen die Golanresolution verstoßen, nachdem sie schon Jerusalem als Hauptstadt anerkannten und gegen die Resolution verstießen.“ Und Heusgen ist noch nicht fertig: Resolutionen seien bindendes Recht, sagt er. Aber hier höre man nur von dem Bruch internationaler Ordnung.
Neuer Ton im Sicherheitsrat
Dass Deutschland die USA attackiert, ist ein neuer Ton im Sicherheitsrat. Der Palästinenser Ryad Mansour reagiert als erster auf den deutschen Vorstoß. Er legt sein Redemanuskript zur Seite, redete frei, wendet sich an den deutschen UN-Diplomaten: „Sie repräsentieren das mächtige Deutschland“, sagt er. „Ich flehe Sie an. Sorgen Sie doch dafür, dass diese Resolutionen umgesetzt werden, dann halte ich hier auch keine abgelesenen Reden mehr.“
Die Mitglieder im Sicherheitsrat sind überrascht vom deutschen Vorstoß, die meisten positiv. Der israelische UN-Botschafter Danny Danon aber sagt an Heusgen gewandt: Es sei einfach, zu sagen, „hört auf, eure Reden zu halten“, wenn man selbst nicht unter Raketenbeschuss stehe.
„Die letzte Rakete, die abgefeuert wurde, landete 30 Meter von meinem Haus entfernt, in dem ich meine Kinder großziehe“, sagte er. „Es ist bequem, zu sagen, lasst uns über die Umsetzung von Resolutionen reden.“ Aber auch der Israeli nimmt den deutschen Vorstoß auf und sagt an Heusgen gewandt: „Ich fordere Sie heraus.“ Im nächsten Monat habe Deutschland den Vorsitz, Israel sei bereit, offen hinter verschlossenen Türen zu reden, ohne abgelesene Reden, die lasse man dann zu Hause.
Plötzlich eine Diskussion
Und plötzlich diskutiert dieser Sicherheitsrat. Der Palästinenser meldete sich erneut. Er sagt, er sei bereit, keine Reden vorzulesen, aber er wollen kein Treffen hinter verschlossenen Türen. Das Treffen müsse in alle Welt übertragen werden.
Ab 1. April hat Deutschland den Vorsitz im UN-Sicherheitsrat. Heusgen kündigte an, zu einem Nahosttreffen einzuladen. Kein Durchbruch, aber ein Anfang vielleicht. Nicht mehr. Aber auch nicht weniger.
Quelle
Heusgen, Berater von Merkel und Verfechter des Iran – Deals – wem wundert es
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